Risiko

Aus alles-führerschein.at - Lexikon
Zur Navigation springenZur Suche springen

Für die Verkehrssicherheit wird folgende Definition vorgeschlagen: Risiko ist die Möglichkeit eines Schadens. Risikomanagement ist die Summe aller Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos auf ein akzeptables Maß.


Risikodefinition für Straßenverkehr

In obigem Sinn ist Risiko im Straßenverkehr negativ besetzt. Es wird angestrebt Risiko möglichst zu vermeiden, um größtmögliche Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Natürlich gibt es auch positiv besetzte und erwünschte Risiken: das soziale Risiko beim Kennenlernen anderer Menschen, sportliche Risiken, berufliche Risiken, Risiken bei der Entdeckung und Erforschung neuen Wissens etc. Im Straßenverkehr ist die Erhöhung des Risikos jedoch im Interesse des Allgemeinwohls nicht wünschenswert.

Für den Straßenverkehr werden im Rahmen von Studien zur Analyse von Unfallursachen Risiken berechnet und analysiert, mit dem Ziel diese zu reduzieren. Wenn man von Risikoberechnungen spricht, begibt man sich immer in den Bereich der Wahrscheinlichkeiten. Man verlässt also die uns geläufige Welt des „Entweder – Oder“ und begibt sich in die uns nicht so geläufige Welt des „Mehr oder Weniger“. Zur Berechnung von Risiken müssen daher immer Bezugsgrößen vorhanden sein (Kilometerleistungen, Anzahl von Fahrzeugen oder Lenkern bestimmter Altersgruppen, wiederholtes Auftreten von Verhalten etc.).


Keine Risikokompetenz

In unseren jahrelangen schulischen Ausbildungen gibt es den Unterrichtsgegenstand Risikolehre nicht. Wir sind also kaum systematisch und professionell auf den Umgang mit Risiken und den Möglichkeiten diese zu Erkennen und zu Entschärfen ausgebildet. Erst durch die jahrelange Erfahrung im Straßenverkehr bildet sich (bei denen, die überlebt haben) Risikobewusstsein heraus. Dies ist neben der Ungeübtheit ansich höchstwahrscheinlich einer der entscheidenden Faktoren, warum Fahranfänger deutlich mehr Verkehrsunfälle haben als langjährig erfahrene Lenker.


Menschliche Risikodenkweise

Menschen sind eher geneigt deterministisch (wenn – dann) statt probabilistisch (mehr oder weniger wahrscheinlich) zu denken und zu handeln: Also,

• deterministisch gedacht: wenn ich mich so verhalten, dann wird dieses passieren und

• probabilistisch gedacht: wenn ich mich so verhalten, dann wird dieses mehr oder weniger wahrscheinlich passieren.

Genau diese deterministische Denk- und Erlebensweisweise führt zu gefährlich falschem Lernen im Straßenverkehr. Ein Beispiel dazu: Man fährt einmal alkoholisiert, zu schnell oder unkonzentriert und es passiert vielleicht kein Unfall. Dann hat man gelernt, man kann ohnedies alkoholisiert, zu schnell oder unkonzentriert fahren.

Denkt man hingegen probabilistisch, dann zieht man aus einem oder einigen Einzelereignissen wie im obigen Beispiel nicht voreilig gefährlich falsche Schlüsse, sondern interessiert sich für die Ergebnisse von umfangreichen Betrachtungen, die nicht durch die subjektive Wahrnehmung einer Einzelperson eingegrenzt sind.


Risikoberechnung

Mit richtigen Berechnungsmethoden kann vorhergesagt werden, dass bei einem bestimmten Verhalten (alkoholisiert, zu schnell oder mit zu wenig Konzentration fahren etc.) zwar nicht jedes Mal ein Unfall passiert, dass sich aber die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall erhöht. Im zweiten Schritt muss ein allgemein akzeptables Maß für die Wahrscheinlichkeit eines Unfalles (Risiko) von der Allgemeinheit in Form von Gesetzen festgelegt werden. So kommt es zu Alkoholgrenzwerten, Geschwindigkeitslimits etc.

Risikobetrachtungen unterscheiden sich von bloßen Auflistungen von Unfallzahlen im Rahmen der Verkehrsunfallstatistik. Die mitunter prozentuale Auflistung von Unfalldaten bezeichnet man als Deskriptivstatistik, Risikoanalysen hingegen als Inferenzstatistik (schlussfolgernde Statistik). Für Letztere wurden eigene Testverfahren entwickelt, mit deren Hilfe man Aussagen über das Ausmaß von Wahrscheinlichkeiten treffen kann und ob diese statistisch signifikant (also über ein zufälliges Schwankungsausmaß hinausgehend) häufiger auftreten. Als Signifikanzniveaus wurden willkürlich 1- und 5-prozentige Irrtumswahrscheinlichkeiten festgelegt. Eine 1-prozentige Irrtumswahrscheinlichkeit sagt aus, dass mit dem Auftreten eines untersuchten Ereignisses mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu rechen ist.

Im Zuge von Risikoanalysen mit Bezugsgrößen kann man z.B. berechnen welche Autos oder welche Altersgruppen ein höheres Unfallrisiko aufweisen.


Innere - äußere Risiken

Die Forschung ist bemüht so viele Einflussfaktoren wie möglich in statistische Risikoberechnungen mit einzubeziehen.

Die Risiken im Straßenverkehr sind zwar mannigfaltig. Aber eine Unterscheidung in zumindest

1. innere Risiken (in der Person liegend – Müdigkeit, Stress, Alkoholisierung…) und

2. äußere Risiken (Wetter, unvorhergesehene Hindernisse, Fahrzeugmängel…)

erscheint als erster Schritt zum richtigen Umgang mit Risiko nützlich.


Zwei Beispiele

VW oder Maserati

Bei rein deskriptivstatistischer Betrachtung haben VW die meisten und Maseratis die wenigsten Unfälle. In diesem einfachen Beispiel wird der Denkfehler leicht klar: Betrachtet man nämlich den Automarken-Bestand so zeigt sich, dass die meisten Pkw VW sind und mit ihnen werden viele Kilometer gefahren. Die wenigsten Pkw sind hingegen Maseratis und mit ihnen wird nur im Sommer bei schönem Wetter gefahren.

Man muss also zumindest berechnen, wie viele Unfälle sich in Relation zum Pkw-Bestand und zur Kilometerleistung je Marke ereignen, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob es statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich des Unfallrisikos gibt. Derartig gewonnene Erkenntnisse helfen einem bei einer Einzelentscheidung, ob man z. B. mit einem VW oder Maserati mitfahren sollte (wenn es einem bei den Fahrmotiven um die Sicherheit und nicht um den Fahrspaß bzw. Geschwindigkeitsrausch geht). Natürlich stellt dies nur eine von vielen Unfallfaktoren dar. Betrachten wir im zweiten Beispiel einen Teilaspekt des wesentlichsten Unfallfaktors – des Fahrers.


Junger oder alter Fahrer

Ältere Fahrer haben in der Deskriptivstatistik nur deshalb so wenig Unfälle, weil sie (wie der Maserati in obigem Beispiel) wenig fahren und weil es insgesamt weniger z.B. 80-jährige als z.B. 40-jährige Menschen gibt. Berechnet man aber die Anzahl der Unfälle pro Altersgruppe und setzt sie in Relation zur Kilometerleistung und Populationsverteilung je Altersgruppe so zeigt sich, dass junge Fahrer das höchste Unfallrisiko, Fahrer im mittleren Alter das geringste und sehr alte Fahrer wiederum ein erhöhtes Unfallrisiko aufweisen. Diese Berechnung wurde für Österreich im Rahmen der Analyse von Unfallursachen durchgeführt (Bartl & Hager, 2006). Nun kann man schon eher feststellen, mit wem man mitfahren würde. Allerdings sind auch andere Unfallfaktoren für eine Einzelentscheidung zu berücksichtigen. Wenn z.B. der 40-jährige Fahrer betrunken, krank, aggressiv etc. ist stellt sich das Unfallrisiko wiederum anders dar.